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Lagebericht - Marktpolitisches Umfeld

Marktpolitisches Umfeld

Lagebericht

Die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich hat im Herbst 2022 ein Wachstum der Gesundheitsausgaben im Jahr 2022 um 2.9% und für 2023 um 3.1% prognostiziert. Bis Mitte 2022 waren die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie direkt zu spüren – aufgrund aufgeschobener Behandlungen und möglicher Langzeitfolgen der Pandemie sagt die KOF auch für das Jahr 2023 ein anhaltendes Wachstum voraus. Der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP nimmt leicht ab.

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Anzahl Beschäftigte im Gesundheitswesen Schweiz

504’692

Beschäftigte in Vollzeitäquivalenten (2021, Quelle: Bundesamt für Statistik)

Massnahmen zur Dämpfung der Krankenkasse-Prämienentwicklung

Die mittlere Prämie der Krankenkassen steigt im Jahr 2023 um 6.6%. Dies ist vor allem auf die vom Bundesrat forcierte Auflösung der Reserven bei den Krankenkassen und die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zurückzuführen, die das Gesundheitssystem stark in Anspruch genommen hat. Der durchschnittliche Anstieg der Krankenkassen-Prämien beträgt seit 2018 1.5% gegenüber 3.5% in den Jahren 2013 bis 2018. Der Bundesrat sieht die Eindämmung der Gesundheitskosten weiterhin als oberste Priorität an.

Aufgrund der hohen Prämienbelastung hat die Sozialdemokratische Partei (SP) Schweiz die eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10% des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» lanciert. Das Parlament hat einen indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet, die Räte bereinigen die Differenzen über die Höhe der Prämienverbilligungen.

Die Mitte (ehemals Christlich Demokratische Volkspartei CVP) hat die eidgenössische Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen (Kostenbremse-Initiative)» eingereicht. Auch bei dieser Vorlage läuft die Beratung eines indirekten Gegenvorschlags. Der Nationalrat will die Kompetenzen der Genehmigungsbehörde stärken, falls sich die Tarifpartner bei Vertragsverhandlungen nicht einigen können. Ein Tarifvertrag soll auch in Kraft treten, wenn sich die Partner geeinigt haben, aber die Genehmigungsbehörde innerhalb einer Frist keinen Entscheid fällt. Wäre die neue Regelung bereits in Kraft, so wäre zum Beispiel der Ärztetarif Tardoc wohl bereits in Kraft getreten.

Das erste Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen ist abgeschlossen

Das Parlament hat das erste Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen in zwei Pakete aufgeteilt. Den ersten Teil mit weniger umstrittenen Massnahmen hat das Parlament bereits im Jahr 2021 verabschiedet.

Im zweiten Paket sprach sich das Parlament gegen Direktimporte von Arzneimitteln und gegen ein Referenzpreissystem für die Vergütung von Arzneimitteln aus. Diese Massnahmen wurden von vielen Verbänden im Gesundheitswesen bekämpft. Diese befürchteten, dass die Patientensicherheit abnimmt und sich die Arzneimittelversorgung weiter verschlechtern könnte. Beide Räte entschieden sich für Vereinfachungen bei der Zulassung parallelimportierter Arzneimittel. Zudem einigten sie sich auf ein Beschwerderecht für Krankenkassenverbände gegen Spitalplanungs-Entscheide der Kantone.

Die Tarifpartner werden verpflichtet, die Kosten in ihren Bereichen zu überwachen und Korrekturmassnahmen bei einer nicht erklärbaren Kostenentwicklung zu ergreifen. Das Parlament entschied sich nach eingehender Beratung allerdings gegen Eingriffsmöglichkeiten der Kantone, sofern die Tarifpartner keine Einigung erzielen.

Kostendämpfende Effekte erhofft sich das Parlament vom so genannten Experimentierartikel, der am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist. Mit diesem können innovative und kostendämpfende Pilotprojekte zur Entlastung der Prämienzahler getestet werden, die von den bisherigen gesetzlichen Regeln abweichen.

Die Pilotprojekte sind inhaltlich, zeitlich und räumlich begrenzt und müssen vom Eidgenössischen Departement des Inneren (EDI) genehmigt werden. Pilotprojekte, die sich in der Testphase bewährt haben, werden ins KVG aufgenommen und können ohne Anordnung einer Ärztin oder eines Arztes erbracht werden. Denkbar sind beispielsweise der Direktzugang zu ausgewählten Leistungen, die gemäss geltendem Recht nur mit einer ärztlichen Anordnung möglich sind.

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Apotheken in der Schweiz

1’844

(2022, Quelle: Pharmasuisse)

Das zweite Massnahmenpaket zur Kostendämpfung hat einen schweren Stand

Der Bundesrat hat am 7. September 2022 ein zweites Massnahmenpaket zur Kostendämpfung zu Handen des Parlaments verabschiedet. Der Bundesrat verfolgt mit diesem Massnahmenpaket drei Ziele: Er will die medizinisch nicht begründete Mengenausweitung reduzieren, das Kostenwachstum in der Grundversicherung der Krankenkasse bremsen und die Qualität der Versorgung im Gesundheitswesen verbessern. Der vom Bundesrat vorgeschlagene Weg ist von den Akteuren auf grossen Widerstand gestossen. Dies, obwohl der Bundesrat zentrale Elemente aus der Vorlage gestrichen hatte, die im Rahmen der Vernehmlassung kritisiert wurden. So wird beispielsweise auf eine ärztliche Erstberatungsstelle verzichtet.

Das zweite Massnahmenpaket Kostendämpfung enthält folgende Inhalte (Auswahl):

  • Netzwerke zur koordinierten Versorgung
    Alle Verbände teilen die grosse Bedeutung von Netzwerken zur koordinierten Versorgung, lehnen aber den Vorschlag des Bundesrats ab. Kritisiert wird u.a., dass die Netzwerke eigenständige Leistungserbringer werden, welche die Leistungen gegenüber den Versicherten abrechnen. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-NR) hat dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) den Auftrag erteilt, zu einem runden Tisch einzuladen, damit die betroffenen Akteure – Ärzteschaft sowie andere Gesundheitsfachpersonen, Versicherer, stationäre und ambulante Dienste, Patientenorganisationen und Kantone – gemeinsam eine mehrheitsfähige Lösung finden können.
  • Rascher und günstigerer Zugang zu Arzneimitteln
    Der Bundesrat sieht vor, einen raschen und kostengünstigen Zugang zu innovativen Arzneimitteln zu ermöglichen. Dazu soll die Praxis der Preismodelle mit Pharmaunternehmen auf Gesetzesebene festgeschrieben werden. Bei der Umsetzung von Preismodellen erstatten die Pharmaunternehmen einen Teil des Preises oder der entstehenden Kosten an die Versicherer zurück. Dadurch kann sowohl der rasche Zugang zu Arzneimitteln gewährleistet als auch die Kostenzunahme im Bereich der Arzneimittel verringert werden. In bestimmten Fällen ist nur ein rascher und preiswerter Zugang zu lebenswichtigen Arzneimitteln möglich, wenn vertrauliche Preismodelle umgesetzt werden, so der Bundesrat.
  • Stärkung der Prävention
    Die Grundversicherung soll neu die Kosten für präventive Untersuchungen und vorsorgliche Massnahmen übernehmen, die von einer Ärztin oder einem Arzt ausgeführt oder angeordnet werden. Auch Apothekerinnen und Apotheker sollen neu auf Kosten der Grundversicherung vorsorgliche Massnahmen durchführen, die im Rahmen von definierten Programmen umgesetzt werden.
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Spitäler in der Schweiz

276

(2020, Quelle: Bundesamt für Statistik)

Revision Vertriebsanteil: Inkraftsetzung offen

Das EDI hat im Jahr 2021 aufgrund der Vernehmlassung aus dem Jahr 2018 ein neues Abgeltungsmodell für die Vertriebsleistung von rezeptpflichtigen Arzneimitteln vorgeschlagen, dass bei den betroffenen Leistungserbringern (Apotheken, Ärzte, Spitalambulatorien) auf Kritik gestossen ist.

Im Jahr 2022 hat das EDI die Verbände der Tarifpartner zu mehreren Treffen eingeladen. Gemeinsam haben diese eine tragfähige Lösung ausgearbeitet. Vier von fünf Verbänden unterstützen diese und das EDI hat die weiteren Schritte zur Genehmigung in Angriff genommen. Das Datum der Inkraftsetzung ist offen.

Das Datum der Inkraftsetzung des Tarifmodells LOA V ist weiterhin offen und hängt mit der Einführung des revidierten Vertriebsanteils zusammen.

Versandhandel von OTC

Der Bundesrat hat im Jahr 2021 den Bericht «Versandhandel mit nichtverschreibungspflichtigen Arzneimitteln» in Erfüllung des Postulates 19.3382 Stahl vom 22. März 2019 publiziert. Auf Mitte 2023 hat der Bundesrat eine Vernehmlassungsvorlage angekündigt, die den Versandhandel mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (OTC) vereinfachen soll.

Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz

39’222

(2022, Quelle: Berufsverband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte)

Digitale Transformation im Gesundheitswesen

Das Parlament hat eine Vielzahl von parlamentarischen Vorstössen mit Bezug zur digitalen Transformation im Gesundheitswesen angenommen. Im Fokus stehen die Schaffung von Regeln für ein Gesundheitsdaten-Ökosystem, die Sekundärnutzung von Daten und eine Revision des elektronischen Patientendossiers EPD.

Der Bundesrat hat im April 2022 kommuniziert, eine Revision der Gesetzgebung elektronisches Patientendossier (EPDG) in zwei Etappen umzusetzen. Die eigentliche Teilrevision des EPDG, welche die Voraussetzungen für funktionierende, nutzenstiftende EPDs schafft, soll gemäss dem Bundesrat frühestens im Jahr 2027 in Kraft treten können.

Zentrale Elemente der EPDG-Teilrevision sind:

  • Verpflichtung aller ambulant tätigen Gesundheitsfachpersonen
  • Opt-Out oder Freiwilligkeit für Patientinnen und Patienten
  • Zentrale Ablage für dynamische Daten Medikationsübersicht, Impfdossier
  • Nutzung der technischen Infrastruktur für B2B-Zusatzdienste
  • EPD-Zugriff für Forschende

Funktionierende elektronische Patientendossiers sind die Voraussetzung für die interprofessionelle Zusammenarbeit in integrierten Netzwerken.

Zum aktuellen Stand des EPD

Die Gesundheitsfachpersonen müssen behandlungsrelevante Dokumente ins elektronische Patientendossier (EPD) hochladen, sobald sie Mitglied in einer Stammgemeinschaft sind. Spitäler, Alters- und Pflegeheime sowie Geburtshäuser sind seit einiger Zeit verpflichtet, sich einer Stammgemeinschaft anzuschliessen und EPDs zu führen. Allerdings liegt der Grad der angeschlossenen Organisationen unter 40%. Die Verpflichtung gilt auch für zugelassene niedergelassene Ärztinnen und Ärzte.

Die Zahl der angeschlossenen Bürgerinnen und Bürger liegt bei rund 10'000 Personen. Die grosse Mehrheit hat sich der Stammgemeinschaft CARA in den fünf Westschweizer Kantonen angeschlossen.

Ausblick

Das Gesundheitswesen in der Schweiz ist nach wie vor in einem guten Zustand. In den meisten Disziplinen sind die Wartefristen gering und die Behandlungsqualität ist hoch. Relativ neu ist die Vielfalt an Negativmeldungen. Überlastete Kinderspitäler, Versorgungsengpässe bei den Arzneimitteln, Personalmangel bei Pflegefachpersonen, fehlender Nachwuchs an Hausärztinnen und Hausärzten, Prämienschock und Rückstand bei der digitalen Transformation stehen im Fokus der Berichterstattung.

Das Parlament ist in allen genannten Bereichen aktiv geworden:

Die Entwicklung des Gesundheitswesens und der aktuelle Reformstau bereitet vielen Akteuren grosse Sorgen. Die Frage wird gestellt, ob die COVID-19-Pandemie ursächlich für die Probleme ist oder diese nur beschleunigt hat. Gemeinhin wird die Ansicht vertreten, dass es grössere Reformen braucht, um die vielfältigen Probleme im Gesundheitswesen zu lösen oder zu mildern.

Es ist festzustellen, dass die Versorgung im Vergleich zum Ausland nach wie vor gut funktioniert. Allerdings gibt es mehrere Länder mit einer vergleichbaren Lebenserwartung, die pro Kopf weniger Geld für die Gesundheit ausgeben.

Die unbefriedigende Situation könnte dazu beitragen, Versorgungsmodelle zu stärken, bei denen nicht mehr Ärztinnen und Ärzte für die Triage und die Behandlung von «Bagatellerkrankungen» zuständig sind. Namentlich Apothekerinnen und Apotheker und Pflegeexpertinnen und -experten APN (Advanced Practice Nursing) könnten eine wichtigere Rolle übernehmen.

Als Folge dieser Situation verstärken das EDI und das Parlament den Fokus auf Kostensenkungen im Gesundheitswesen. Oft geht vergessen, dass Kostensenkungen kein primäres Ziel sind. Die zentrale Aufgabe der Politik ist es, mit geeigneten Regeln eine effiziente Versorgung sicherzustellen. Auch muss die sozialpolitische Frage geklärt werden, wie die steigenden Kosten auf die Bürgerinnen und Bürger aufgeteilt werden können. Die Kopfprämie der Krankenversicherungen stellt für viele Haushalte ein Problem dar, die nicht von kantonalen Prämienvergünstigungen profitieren.

Die Galenica Gruppe setzt sich weiterhin für Lösungen ein, welche eine effiziente Leistungserbringung ermöglichen. Sie unterstützt Kostensenkungen, falls diese betriebswirtschaftlich umsetzbar sind. Sie spricht sich weiterhin gegen jegliche Massnahmen aus, die de facto zu einer Rationierung von Leistungen und damit zu einer schlechteren Patientenversorgung führen.

Aus Sicht der Galenica Gruppe sind interprofessionelle Netzwerke zu stärken, die eine interprofessionelle Zusammenarbeit aller Akteure auf Augenhöhe zum Ziel haben.

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