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Marktpolitisches Umfeld

Marktpolitisches Umfeld

Die KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich prognostiziert ein Wachstum der Gesundheitsausgaben im Jahr 2021 um 7.1%. Hauptgrund für das Wachstum ist die Bekämpfung der COVID-19-Pandemie. Die Wachstumsraten dürften sich gemäss KOF in den Jahren 2022 (+1.3%) und 2023 (+1.2 %) abschwächen, sofern sich die Pandemie-Situation beruhigt. Schätzungen zufolge betragen die Mehrkosten in der Grundversicherung aufgrund von COVID-19 im Jahr 2021 ca. CHF 700 Mio.

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Einleitung

Der Bundesrat hat die Krankenversicherer aufgefordert, die teilweise hohen Reserven zugunsten der Versicherten abzubauen und hat die Voraussetzungen für den freiwilligen Abbau von Reserven und die Rückerstattung von zu hohen Prämieneinnahmen in der Krankenaufsichtsverordnung präzisiert. Aufgrund des Entscheids sinken die mittleren Krankenkassenprämien zum ersten Mal seit 2008 um 1.2%. Erwartet wird, dass der Reserveabbau den Prämienschub verzögert. Die Versicherer hoffen wiederum, dass das Parlament Kostendämpfungsmassnahmen umsetzt, um dem erwarteten Schub gegenzusteuern.

Anzahl Beschäftigte im Gesundheitswesen Schweiz

496’692

Beschäftigte in Vollzeitäquivalenten (2020, Quelle: Bundesamt für Statistik)

Erstes Massnahmenpaket zur Kostendämpfung

Der Bundesrat hat das Programm zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen in zwei Massnahmenpakete aufgeteilt. Diese basieren auf Empfehlungen einer internationalen Expertengruppe, welche im August 2017 den Bericht «Kostendämpfungsmassnahmen zur Entlastung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung» an den Bundesrat verabschiedet hatte.

Der Bundesrat verfolgt mit dem ersten Massnahmenpaket die folgenden Hauptziele:

  • Pilotprojekte (Experimentierartikel) ermöglichen und Behandlungen im Ausland vergüten
  • Tarifverhandlungen (nationale Tariforganisation) besser strukturieren
  • Ambulante Pauschaltarife einführen
  • Generikapreisen senken / Referenzpreismodell einführen
  • Rechnungskontrolle verbessern

Experimentierartikel

Den ersten Teil des ersten Massnahmenpakets hat das Parlament im Sommer 2021 angenommen. Im Fokus steht der neu geschaffene Experimentierartikel. Mit diesem sollen innovative und kostendämpfende Pilotprojekte zur Entlastung der Prämienzahler getestet werden können, die von den bisherigen gesetzlichen Regeln abweichen. Die Pilotprojekte sind inhaltlich, zeitlich und räumlich begrenzt und müssen vom Eidgenössischen Departement des Inneren (EDI) genehmigt werden. Möglich sind Versuche mit alternativen Versicherungsmodellen oder im Bereich der integrierten Versorgung. Auch soll mit Pilotprojekten die Digitalisierung gefördert werden.

Die Verbände der Leistungserbringer und der Versicherer müssen neu eine Organisation einsetzen, die für die Erarbeitung und Weiterentwicklung sowie die Anpassung und Pflege der Tarifstrukturen für ambulante ärztliche Behandlungen zuständig ist.

Referenzpreise

Im zweiten Teil des Massnahmenpakets hat sich der Nationalrat im Jahr 2021 als Erstrat gegen die Einführung von Referenzpreisen ausgesprochen. Der Ständerat hat sich in der Wintersession ebenfalls gegen Referenzpreise ausgesprochen. Damit verzichtet das Parlament darauf, Referenzpreise einzuführen. Zu gross sind die Bedenken, die Versorgungsicherheit der Arzneimittel könnte weiter abnehmen.

Direktimporte von Arzneimitteln

Der Nationalrat hat unter dem Titel «Parallelimporte» einer Regelung zugestimmt, mit der Direktimporte von Arzneimitteln aus dem europäischen Wirtschaftsraum zugelassen wären. Direktimporte hätten zur Folge, dass Swissmedic weder eine Zulassung erteilen noch die Marktüberwachung übernehmen könnte. Damit wäre nicht mehr bekannt, welche Arzneimittel in der Schweiz im Verkehr sind, und entsprechend wären Chargenrückrufe nicht mehr möglich. Alle in der EU/EFTA zugelassenen Arzneimittel wären in der Schweiz legal verkehrsfähig, beispielsweise Arzneimittel mit einer Packungsbeilage und Patienteninformation in Griechischer Sprache. Galenica lehnt Direktimporte von Arzneimitteln dezidiert ab, weil die Fachberatung erschwert, Versorgungsengpässe vorprogrammiert und die Arzneimittel- und Patientensicherheit verschlechtert würden. Der Ständerat hat Direktimporte von Arzneimitteln in der Wintersession abgelehnt. Damit schafft er eine Differenz zum Nationalrat, die im Jahr 2022 bereinigt wird.

Das Paket enthält zudem «Massnahmen zur Steuerung der Kosten», die vom Schweizerischen Apothekerverband Pharmasuisse und vom Berufsverband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH dezidiert abgelehnt werden. So sind die mengenmässige Entwicklung der Positionen und die Entwicklung der verrechneten Kosten zu überwachen. Bei ungerechtfertigter Entwicklung der abgerechneten Kosten sind Sanktionen vorgesehen. Der National- und der Ständerat haben «Massnahmen zur Steuerung der Kosten» sehr knapp, jeweils mit dem Stichentscheid des Ratspräsidenten, abgelehnt.

Apotheken in der Schweiz

1’819

(2021, Quelle: Pharmasuisse)

Zweites Massnahmenpaket Kostendämpfung: Kritische Beurteilung des Vernehmlassungspakets

Der Bundesrat hat im Herbst 2020 das zweite Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen in die Vernehmlassung geschickt. Das EDI hat den Vernehmlassungsbericht im April 2021 veröffentlicht. Im Rahmen der Vernehmlassung sind 328 Stellungnahmen eingegangen.

Die Botschaft und die Gesetzesentwürfe sollen 2022 verabschiedet und dem Parlament überwiesen werden. Das Paket besteht hauptsächlich aus den folgenden Inhalten:

Kostenziele

Eine deutliche Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden lehnt es ab, Kostenziele einzuführen. Vor allem die Leistungserbringer, Patienten- und Konsumentenverbände lehnen die Massnahme ab, aber auch viele Versicherer und Organisationen der Wirtschaft, schreibt das EDI im Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung.

Dennoch hat der Bundesrat den Vorschlag von Kostenzielen dem Parlament im November 2021 als indirekten Gegenvorschlag zur eidgenössischen Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen» unterbreitet. «Mit der Einführung von Kostenzielen soll die Transparenz über die medizinisch erklärbare Kostenzunahme gestärkt, das Kostenbewusstsein der verantwortlichen Akteure erhöht und das Kostenwachstum der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) auf ein medizinisch begründbares Mass begrenzt werden», schreibt der Bundesrat in der Antwort auf einen parlamentarischen Vorstoss.

Erstberatungsstelle

Die Versicherten werden verpflichtet, sich bei gesundheitlichen Problemen immer an einen Hausarzt zu wenden, welcher die Funktion der Erstberatungsstelle übernimmt.

Erstberatungsstellen wurden im Rahmen der Vernehmlassung von einer deutlichen Mehrheit abgelehnt, dies vor allem von den Leistungserbringern, Verbänden der Wirtschaft, den Versicherern und den Dachverbänden der Gemeinden, Städte und Berggebiete sowie den Patientenverbänden und –organisationen. Die Konsumentenverbände, ein Grossteil der Kantone und Teile der politischen Parteien äussern sich verhalten positiv zur Massnahme, schreibt das EDI im Vernehmlassungsbericht. Möglicherweise werden nicht Erstberatungsstellen, sondern die Vorgabe abgelehnt, dass eine Ärztin oder ein Arzt diese Triage-Funktion übernehmen muss. Dies widerspricht der Idee der interprofessionellen Zusammenarbeit.

Netzwerke zur koordinierten Versorgung

Grundsätzlich sprechen sich fast alle Vernehmlassungsteilnehmenden für die Förderung der koordinierten Versorgung aus. Viele Organisationen lehnen aber die vorgeschlagenen Massnahmen ab. Eher negativ äussert sich ein Grossteil der Leistungserbringer, Dachverbände der Wirtschaft, der Versicherer und der politischen Parteien.

Preismodelle und Rückerstattungen

Preismodelle sollen einen raschen und kostengünstigen Zugang zu innovativen Arzneimitteln sicherstellen. Der Bundesrat schlägt vor, dass die Zulassungsinhaberinnen einen Teil der Kosten an die Versicherer zurückerstatten sollen. Sie profitieren davon, dass die Preise nicht mehr öffentlich gemacht werden müssen.

Preismodelle wurden von einer grossen Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden unterstützt, kritisch sind Teile der Versicherer und Teile der Leistungserbringer.

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Spitäler in der Schweiz

276

(2020, Quelle: Bundesamt für Statistik)

Revision Vertriebsanteil: zweite Vernehmlassung geplant

Das EDI hat im Jahr 2021 aufgrund der Vernehmlassung aus dem Jahr 2018 zur Anpassung des Vertriebsanteil ein neues Modell ausgearbeitet, das auf zwei Säulen beruht:

  • Einheitlicher Vertriebsanteil für Arzneimittel mit gleicher Wirkstoffzusammensetzung
  • Geplante Anpassung des Modells des Vertriebsanteils

Das neue Modell mit zwei Säulen wird im ersten Semester 2022 in eine Vernehmlassung geschickt. Die Inkraftsetzung erfolgt frühestens 2023.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) erwartet mit der Revision des Vertriebsanteils jährliche Einsparungen von CHF 100 bis 120 Mio. Mehrere Akteure sehen die Vorschläge kritisch, da sie als Einführung des Billigstprinzips und von Referenzpreisen durch die Hintertüre angesehen werden, die das Parlament ablehnt.

Das Parlament hat im Jahr 2021 eine Motion (20.3936) angenommen, welche den Bundesrat beauftragt, die Vertriebsanteile in Art. 38 der Krankpflegeleistungsverordnung (KLV) im Einvernehmen mit den betroffenen Leistungserbringern so zu revidieren, damit sie effektiv die Vertriebskosten abdecken.

Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz

38’502

(2021, Quelle: Berufsverband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte)

Inkraftsetzung Tarifmodell LOA V verzögert sich

Curafutura, der Verband der innovativen Krankenversicherer und der Schweizerische Apothekerverband Pharmasuisse haben beim Bundesrat im Mai 2020 den neuen Apothekentarif LOA V (Leistungsorientierte Abgeltung V) zusammen mit einem Vorschlag für einen revidierten Vertriebsanteil eingereicht. Gemäss dem Vorschlag sind der Vertriebsanteil und die leistungsorientierte Abgeltung als Paket zu verabschieden. So werden beispielsweise die Lohnkosten des Apothekenteams zur Erbringung der pharmazeutischen Leistung aus dem Vertriebsanteil herausgenommen und neu über die LOA V abgerechnet. Der Departementsvorsteher des EDI hat die Tarifpartner aufgefordert, den Vertrag zu überarbeiten, um die Kostenneutralität einzuhalten.

Das Datum der Inkraftsetzung ist offen und hängt mit der Einführung des revidierten Vertriebsanteils zusammen. Es wäre nicht systemgerecht, die Personalkosten aus dem Vertriebsanteil zu streichen, ohne die Aufwände gleichzeitig in der LOA abzubilden.

Elektronische Patientendossiers werden zögerlich eingeführt – Revision EPDG folgt

Neue ärztliche Leistungserbringer, welche Leistungen über die Grundversicherung abrechnen wollen, müssen sich neu einer zertifizierten Stamm-Gemeinschaft anschliessen. Das Parlament hat im März 2021 eine Motion verabschiedet, wonach sich nicht nur neue Leistungserbringer, sondern alle Gesundheitsfachpersonen einer Stamm-Gemeinschaft anschliessen müssen.

Der Bundesrat hat im August 2021 den Bericht «Elektronisches Patientendossier. Was gibt es noch zu tun bis zu seiner flächendeckenden Verwendung?» verabschiedet. Er schlägt verschiedene Massnahmen vor, um die Verbreitung und Nutzung des elektronischen Patientendossiers (EPD) zu fördern. Der Bundesrat wird voraussichtlich Ende Februar 2022 einen Richtungsentscheid über die Weiterentwicklung des EPDG verabschieden.

Damit elektronische Patientendossiers ein Erfolg werden können, braucht es rasch nutzenstiftende Anwendungen wie elektronische Impfpässe, E-Medikationspläne, ERezepte, Ein- und Austrittsberichte und Patientenverfügungen. Eine Verpflichtung der Leistungserbringer zu elektronischen Rezepten und elektronischen Medikationsplänen könnten dem EPD zum Durchbruch verhelfen. Entsprechende Motionen wurden bereits eingereicht, vom Bundesrat aber abgelehnt.

Versandhandel rezeptfreier Arzneimittel soll vereinfacht werden

Der Bundesrat plant, den Versandhandel von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (OTC) zu vereinfachen.

Galenica teilt die Position des Bundesrats, wonach die Vorgabe im Heilmittelgesetz, dass für den Versand eines rezeptfreien Arzneimittels vor der Bestellung ein ärztliches Rezept vorliegen muss, nicht mehr zeitgemäss ist. Die Fachberatung und Patientensicherheit sind auch bei rezeptfreien Arzneimitteln wichtig, denn sie können Nebenwirkungen und Interaktionen mit anderen Arzneimitteln auslösen. Die Patientensicherheit kann bei einer eindeutigen Identifikation der Käufer auch mit digitalen Mitteln sichergestellt werden.

Der Bundesrat plant, Anfang 2023 eine entsprechende Revision des Heilmittelgesetzes in die Vernehmlassung zu schicken.

Ausblick

Die Massnahmenpakete zur Kostendämpfung haben naturgemäss primär Kostensenkungen zum Ziel. Dabei besteht die Gefahr, dass der Fokus auf eine effiziente Leistungserbringung verloren geht und dass die Einsparungen zu Leistungsabbau und Rationierungen führen, die auf Kosten der Patientinnen und Patienten gehen.

Sorge bereitet die Preisentwicklung bei den Arzneimitteln. Einerseits steigen die Kosten im Hochpreisbereich an, andererseits sind die Einsparmöglichkeiten bei den tiefpreisigen Arzneimitteln nach mehreren Preissenkungsrunden nahezu ausgeschöpft. Diese dürfen nicht dazu führen, dass noch mehr tiefpreisige Arzneimittel vom Markt verschwinden und kaum mehr neue günstige Arzneimittel zugelassen werden.

Für die Galenica Gruppe stehen eine effiziente Leistungserbringung und das Verhindern von Fehl-, Über- und Unterversorgung im Vordergrund. Sie unterstützt gezielte Massnahmen zur Kostensenkung, beispielsweise durch die Förderung von Parallelimporten oder das Eliminieren von Fehlanreizen beim Vertriebsanteil. Galenica spricht sich aber gegen jegliche Massnahmen aus, die de facto zu einer Rationierung von Leistungen und damit zu einer schlechteren Patientenversorgung führen.

Die Corona-Pandemie hat den Rückstand bei der digitalen Transformation des Gesundheitswesens aufgezeigt. Die Digitalisierung hat bei Galenica höchste Priorität. Damit datenbasiertes Wissen Realität wird, braucht es Gesundheitsdatenökosysteme, die miteinander kommunizieren können. Die Akteure sind gefordert, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, der Gesetzgeber muss die notwendigen Erlasse rasch erlassen.

Generell sind digitale Lösungen zu fördern, welche die Versorgung verbessern und/oder günstiger machen. Auch müssen digitale Lösungen den veränderten Konsum- und Einkaufsgewohnheiten der Menschen gerecht werden. So sind beispielsweise Vereinfachungen des Versandhandels von rezeptfreien Arzneimitteln unter Wahrung der Patientensicherheit zu unterstützen.

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